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Gehörlosenseelsorge in der Evangelischen Kirche von Westfalen

Die Grundlagen unserer Arbeit als Gehörlosenseelsorge

Um gut arbeiten zu können haben wir uns zwei Fragen gestellt und beantwortet:

1) Was ist Zweck und Aufgabe der Gehörlosenseelsorge?
2) Was brauchen wir, damit die Arbeit auch gut funktioniert?

Daraus sind zwei Texte entstanden die hier auf dieser Seite zu finden sind:
1) Das “Selbstverständnis der Gehörlosenseelsorge”
2) Die “Standards der Gehörlosenseelsorge”

1) Selbstverständnis der Gehörlosenseelsorge in der EKvW

Allein die Gehörlosenseelsorge in der EKvW ermöglicht gebärdensprachlich orientierten Menschen sich als Teil der Kirche Jesu Christi zu begreifen und zu erleben.

Die Gehörlosenseelsorge der EKvW hat den Auftrag:

  • den gehörlosen Menschen als Gottes Geschöpf mit seinen Gaben und Möglichkeiten wahrzunehmen (Ex 4,11)
  • die uneingeschränkte Gottebenbildlichkeit aller Menschen zu verkündigen und zu bezeugen. (Gen 1,26)
  • die gehörlosen Menschen in ihrem Fragen nach Gott und sich zu begleiten, und Räume zu bieten ihre Stärken und Begabungen zu entdecken und eigenverantwortlich Gemeinde zu bauen. (Röm 12,4-8)
  • gehörlose Menschen als sprachliche und kulturelle Minderheit zu verstehen, sich auf ihre spezielle Lebenssituation einzustellen und zwischen ihnen und der hörenden Welt zu vermitteln. (1. Kor 9,19-23)

Die Gehörlosenseelsorge in der EKvW versteht sich als

  • gebärdensprachlicher Teil des Leibes Christi.
  • besonderer Dienst, der die Kenntnis der Kultur und die Anwendung der Sprachformen der Gebärdensprachgemeinschaft unbedingt voraussetzt.
  • Repräsentantin aller Facetten (Bereiche) kirchlichen Lebens in der Gebärdensprachgemeinschaft.
  • Interessenvertretung der Gehörlosengemeinden in den Strukturen der verfassten Kirche
  • kompetente Ansprechpartnerin für die Welt der Hörenden im Blick auf die spezielle Lebenssituation gehörloser Menschen. Dies gilt insbesondere für ihre Angehörigen und Personen ihres Lebensumfeldes.
  • Partnerin bei der Entwicklung von selbstverantworteten Strukturen zur Teilhabe der Gehörlosengemeinden im Rahmen der presbyterial-synodal verfassten Kirche.
  • Kooperationspartnerin für andere Institutionen, die in Solidarität mit Gehörlosen gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen.

2) Standards der Gehörlosenseelsorge in der EKvW

a) Die Gehörlosenseelsorge in der EKvW ist gebärdensprachliche Gemeindearbeit

Daraus ergeben sich folgende Aufgabenfelder der Gehörlosenseelsorge:

  • regelmäßige Gottesdienste in DGS in den Gehörlosengemeinden und Regionen
  • Amtshandlungen für Gehörlose und deren hörende Angehörige
  • aufsuchende Einzelseelsorge, wie z.B. Hausbesuche, Besuche im Altenheimen und anderen Wohnheimen, Krankenhaus, Schule, usw.
  • Bei Bedarf KU mit Elternarbeit in Kooperation mit den Schulen vor Ort
  • Gewinnung, Ausbildung und Begleitung von ehrenamtlich Mitarbeitenden in den Gemeinden
  • an die jeweilige Gemeindestruktur angepasste Schwerpunktangebote, wie z. B . Kinder- und Jugendarbeit, Familienarbeit, Schwerpunkt Altersheim, Freizeiten, Kooperation mit Schulen (Eltern- und Lehrerarbeit), Trauerbegleitung, Gebärdenchorarbeit
  • Nutzung visuell ansprechender Medien und Publikationen wie z.B. Regionaler Gemeindebrief, Homepage, soziale Netzwerke…
  • Kontakte zu ökumenischen Partnern wie z.B. katholische Gehörlosenseelsorge oder der weltweiten Ökumene z.B. durch die Gehörlosenmission auf EKD-Ebene.
  • Kirchliche Begleitung säkularer Ereignisse in der Gehörlosenwelt (z.B. in Schulen, Vereinen usw.)

b) Die Gehörlosenseelsorge in der EKvW hat eine Struktur der Teilhabe und Vernetzung auf gemeindlicher, regionaler, westfälischer und EKD-Ebene

Das bedeutet:

  • gewählte Gemeindesprecherinnen / -sprecher leiten in Zusammenarbeit mit der Gehörlosenseelsorgerin/ dem – seelsorger die Gehörlosengemeinde
  • alle GemeindesprecherInnen bilden die westfälische Gemeindesprecherversammlung, die sich regelmäßig zu Beratungen einfindet
  • Alle GehörlosenseelsorgerInnen bilden den Konvent der westf. Gehörlosenseelsorge der regelmäßig auf regionaler Ebene und EKvW-Ebene zu Beratungen zusammenkommt.
  • Die Gemeindesprecherversammlung und der Konvent bilden die westfälische Konferenz der Gehörlosengemeinden. Die Konferenz ist das beschlussfassende Gremium, sofern es um Entscheidungen geht, die alle Gemeinden betreffen. (Z. B. gemeinsamer Kollektenplan, Gemeindesprecherwahlen, etc.)
  • Die Regionalbeauftragten haben die Aufgabe, regionale Arbeit zu organisieren. Sie sind zuständig für: regionale Gottesdienste, Veranstaltungen und Projekte, wie z. B. Kinder- und Jugendfreizeiten, Coda-Gruppen (Angehörigengruppe).
  • Der/die Landesbeauftragte hat die Aufgabe westfälische Veranstaltungen und Projekte zu planen und durchzuführen wie z.B. westfälische Kirchentage, Gemeindesprecherversammlungen, Konferenzen, Konvente, Weiterbildungen usw..
  • Die Regionalbeauftragten und der/die Landesbeauftragte bilden das Team Westfalen. Das Team plant und führt Veranstaltungen und Projekte auf der EKvW-Ebene durch. Für einzelne Veranstaltungen und Projekte können Arbeitsgruppen oder Fachausschüsse einberufen werden.
  • Die Aus-, Fort- und Weiterbildung von gehörlosen Laienpredigern ist Aufgabe des/der Landesbeauftragten. Sie unterstützen die Gehörlosenseelsorgerinnen und -seelsorger in den Gehörlosengemeinden und Regionen.
  • Die Gehörlosenseelsorgerinnen und –seelsorger sind Mitglieder des Dachverbandes der Gehörlosenseelorge auf EKD-Ebene (DAFEG = Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Ev. Gehörlosenseelsorge). Eine Gehörlosenseelsorgerin /-Seelsorger wird in den erweiterten Vorstand der DAFEG entsandt.
  • Die Gehörlosenseelsorge kooperiert mit weiteren Angeboten und Institutionen für Gehörlose, wie z. B. Beratungszentren, IFD, Gehörlosenvereine, Schulen.
  • Die Gehörlosenseelsorge verfolgt das Ziel der Barrierefreiheit. Dazu gehört z. B. die Teilhabe gehörloser Gemeindeglieder an Veranstaltungen und Gottesdiensten der hörenden Gemeinden bis hin zu Synoden wie auch die Information und Aufklärung hörender Gemeinden über Gebärdensprache und Gehörlosenkultur.
  • Die Gehörlosenseelsorge ist normativer Bestandteil einer inklusiven Kirche und Gesellschaft, da sie die Aufgabe hat, die Gebärdensprache und Gehörlosenkultur zu bewahren und zu förden.

c) Rahmenbedingungen für die Arbeit in der Gehörlosenseelsorge

1) Zur Arbeit in der Gehörlosenseelsorge gehört die Bereitschaft,

  • Gebärdensprach-Kompetenz zu erwerben und sich darin weiterzubilden.
  • sich auf die Lebenswelt Gehörloser einzustellen sowie Verständnis und Akzeptanz der Gehörlosenkultur zu entwickeln.
  • zur Nutzung gehörlosengerechter Kommunikationsformen, wie Fax, Bildtelefon, Webcam, SMS, Whatsapp …
  • zur regelmäßigen Teilnahme an fachspezifischen Fortbildungen (Winterseminar, Pastoralkolleg)
  • Einbindung in die Strukturen der GLS (Regionalkonvent, Gesamtkonvent, Winterseminar, DAFEG)
  • für die Gehörlosengemeinde erreichbar zu sein, persönlich und telekommunikativ (Fax, Mail, SMS, …)
  • mit gehörlosen Ehrenamtlichen zusammenzuarbeiten und gemeinsame Entscheidungsstrukturen in den Gemeinden anzustreben.
  • zum kollegialen Austausch und zu gegenseitiger Vertretung

2) Zur Arbeit in der Gehörlosenseelsorge ist folgende Ausstattung erforderlich:

  • Bereitstellung eines angemessenen gottesdienstlichen Ortes durch den Kirchenkreis (gute Ausleuchtung, Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Raum zur obligatorischen Gemeindeversammlung usw.)
  • Bereitstellung von Dienstzimmer bzw. Besprechungsraum im Kirchenkreis
  • Finanzielle Absicherung der Sachkosten durch den Kirchenkreis (z.B. Kosten für gebärdensprachliche Aus- und Weiterbildung, Kosten für gehörlosenspezifische Fortbildungen, Fahrtkosten, Kosten für Veranstaltungen, Verbrauchsmittel, Literatur, Medien, usw.)
  • Bereitstellung einer Grundausstattung an Technik (z.B. Beleuchtung, Beamer, Telekommunikation usw.)
  • Feste Pfarrstellenanteile pro Gehörlosengemeinde bzw. Region zur Gewährleistung einer Planungssicherheit
  • Errichtung bzw. Fortführung der regionalen Schwerpunktpfarrstellen