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Gehörlosenseelsorge in der Evangelischen Kirche von Westfalen

09.11.2022

Besichtigung von Schloss Rheda

früher eine Gehörlosenschule

Wer kann das schon von sich sagen: Ich bin in einem Schloss zur Schule gegangen. Einige Gehörlose können das sagen. Sie sind Ende der 50ger Jahre bis Anfang 1960 im Schloss Rheda unterrichtet worden und haben dort auch geschlafen.
Die Jungen waren in einem Nebengebäude untergebracht. Früher lebten dort die Angestellten des Schlosses und die Pferde. Heute stehen dort viele große und kleine, sehr alte und etwas modernere Kutschen, die wir uns angeschaut haben.
Die Mädchen wohnten im großen Hauptgebäude, wo auch der Unterricht stattfand. Damals waren die Wände mit Pappkarton abgedeckt. Wir konnten bei unserer Besichtigung die wertvollen Tapeten anschauen. Eine zeigt eine Landschaft in der Schweiz. Die Farben leuchten schön und intensiv. Leider enthalten sie giftiges Arsen, sodass Fliegen tot von der Wand fallen. Früher gab es diese Tapete an 160 Orten. Heute gibt es sie nur noch in Rheda.
Leider konnten wir nicht alle Räume anschauen, denn das Schloss ist bewohnt. Hier lebt der Fürst zu Bentheim Tecklenburg mit seiner alten Mutter, seiner Frau und 4 Kindern.
Zum Schloss gehört auch eine eigene Kapelle, eine kleine Kirche nur für die Fürstenfamilie und die Angestellten des Schlosses.
Bei der Besichtigung wurden viele Erinnerungen wach: an Spiele auf der großen Wiese und Schlittschuhlaufen auf dem zugefrorenen See am Schloss. Aber es war nicht nur märchenhaft schön. Es gab manchmal Heimweh und die Erziehung war damals leider sehr streng.
Als 1960 die neue Gehörlosenschule in Bielefeld fertig war, verließ die Schule das Schloss und zog um nach Bielefeld.
Mit dem Ende der Führung ging für Gehörlose aus Münster, Paderborn, Bielefeld und Rheda die Reise in die Vergangenheit zu Ende.

Text: Heike Kerwin / Fotos: M. Klinner ,J. Klein